Lebensmut eines 25-Jährigen nach 5 Jahren psychiatrischer Behandlung zerstört!
Psychiatrie kassiert offenbar über 400.000 Euro für "Behandlung", Mutter erstattet Strafanzeige gegen verantwortliche Psychiater und fordert Entzug der Approbation.
Stralsund/Schwerin 10. März 2016
Maria F.*, seine Mutter, sagt: "Man versuchte, den Willen meines Sohnes zu brechen. Dies ging so weit, dass er mit Essensentzug, Einzelhaft und Prügel bestraft wurde, wenn er nicht wie gewünscht 'funktionierte', dabei konnte er als Autist gar nicht anders."
Ein ärztlicher Behandlungsfehler war bei Jürgen F. bereits die Ursache für seinen schweren Hirnschaden, den er in der frühen Kindheit erlitt. Seit dem ist sein Tagesablauf von zwanghaften Ritualen bestimmt. Er isst z.B. strikt eine gerade Anzahl von Erbsen innerhalb eines festgelegten Zeitraumes oder könnte niemals gleichzeitig rotes und grünes Gemüse essen - Merkmale von Autismus. Jürgen schaffte trotzdem einen Schulabschluss und arbeitete seither in einer speziellen Werkstatt. Mit seiner Volljährigkeit wurde seine Mutter Maria F. als seine rechtliche Betreuerin eingesetzt.
Als Jürgen 2008 in der Einrichtung von einem anderen behinderten Betreuten auf dem WC zum wiederholten Male belästigt wird und sich körperlich dagegen wehrt, kommt es danach zu einer Anzeige wegen Körperverletzung. Das Landgericht Schwerin spricht Jürgen wegen Schuldunfähigkeit frei (§ 20 StGB) und ordnet seine Unterbringung (§ 63 StGB) in der Forensischen Psychiatrie Stralsund an. Er solle von einer Behandlung im Maßregelvollzug erheblich profitieren, heißt es im Urteil des Landgerichts Schwerin.
Doch es kam anders. Zwei Psychiater der Klinik erkannten das Vorliegen von Autismus nicht, so wurde er mit Psychopharmaka regelrecht vollgepumpt. Bei gerichtlichen Anhörungen 2010 und 2012 gibt der leitende Chefarzt zu, dass seine Klinik Jürgen nicht 'unterhalten' könne, da er im Maßregelvollzug sei. Seine Klinik könne sich wirtschaftlich keinen Psychotherapeuten leisten, der mit Jürgen eine individuelle Therapie durchführe. Die Klinik kommt ihrem Fürsorgegrundsatz (§ 2 PsychKG MV) nicht nach und unterlässt es, den Betroffenen in eine geeignete Klinik zu überweisen. Statt dessen kassiert die Psychiatrie in den fünf Jahren der Unterbringung für Jürgen wohl über 400.000 Euro. (Eine Hochrechnung des vom Land Mecklenburg-Vorpommern festgelegten Tagessatzes ergab für 2004 einen Betrag von 82.198 Euro pro Patientenjahr. Horst Entorf: Evaluation des Maßregelvollzugs: Grundzüge einer Kosten-Nutzen-Analyse, http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4738/ )
Maria F.: "Zusätzlich war Jürgen der Willkür und verschiedener Misshandlungen durch das Personal ausgesetzt. Seine Gesundheit hat sich in den fünf Jahren psychiatrischer 'Behandlung' drastisch verschlechtert. Die Einstellung, es ihm für sein 'Fehlverhalten' 'heimzuzahlen' wurde die Regel."
Durch die dauerhafte Mehrfach-Medikation mit schweren Psychopharmaka leidet Jürgen unter Zungenkrämpfen, unkontrolliertem Zittern, nahm 15 kg zu, ist permanent müde und verliert den inneren Kontakt zu sich selbst. "Die psychiatrischen Drogen haben ihn zerstört", so die Mutter. Anders ist es nicht nachzuvollziehen, dass er, der immer Angst vor Krankheit und Tod gehabt hatte, zweimal versucht sich in der Anstalt Stralsund das Leben zu nehmen.
Jürgen nimmt aufgrund seines Autismus alles wörtlich. Weder Witze noch Ironie kann er verstehen. Pfleger nutzten das aus und erzählten ihm Dinge, die ihn in Angst und Schrecken versetzen. "Das taten die Pfleger zu ihrem eigenen Vergnügen und um Jürgen besser kontrollieren zu können", so seine Mutter. Zudem wird ihre Arbeit als gesetzliche Betreuerin von der Klinik massiv gestört, durch unerlaubte Verweigerung der Einsichtnahme in Jürgens Krankenakten, Verweigerung des Telefonkontakts oder Überwachung von Telefongesprächen mit ihrem Sohn, Taschengelds für den Sohn.
Erst nach mehreren Beschwerden der Mutter bei der Staatsanwaltschaft Schwerin und dem Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin wird ein externer Gutachter beauftragt, der Anfang 2013 die korrekte Diagnose Autismus stellt. In seinem Gutachten wird endlich auch offiziell festgestellt, dass das Hanseklinikum Stralsund fachlich nicht in der Lage ist, die für Jürgen F. notwendige Therapie zu leisten. Erst danach findet im Oktober 2013 seine Verlegung in ein anderes Klinikum statt, in dem er seither lebt.
Der externe Gutachter erklärt weiter, dass gewisse Verhaltensweisen Jürgens, die bisher von der Anstalt Stralsund als aggressives und nicht regelkonformes Verhalten gedeutet wurden, erst durch falsche Therapieansätze in dieser Einrichtung entstanden sind. Die Zwänge, die mit der eigentlichen Erkrankung einhergehen, wurden gar nicht behandelt. Die Diagnose Autismus wurde von einer weiteren externen Gutachterin und Fachpsychologin für Rechtspsychologie 2014 bestätigt.
Maria F. stellt klar: "Ich möchte ausdrücklich sagen, dass Jürgen vor seiner Einweisung in die Psychiatrie Stralsund kein Interesse an aggressiven Handlungen hatte. Er beschäftigte sich mit seinen Zwängen, ein bestimmtes und banales Ritual in einer festgelegten Zahl auszuführen, und war im Rahmen seiner Möglichkeiten ein umgänglicher und relativ pflegeleichter Zeitgenosse, was viele Zeugen bestätigen können."
Jürgen hat innerhalb von fünf Jahren im HELIOS Hanseklinikum Stralsund jedoch nur negative Erfahrungen gesammelt. Bitteres Fazit seiner Mutter: "Sein heutiger Zustand ist die Folge der fehlerhaften Behandlung und der körperlichen Misshandlungen dort."
Heute ist seine Psyche so zerrüttet, dass man ihn nicht mehr allein lassen kann, weil er alles kaputt macht, was er in die Hände bekommt. In der jetzigen Klinik muss man ihn notgedrungen in einem leeren Zimmer isoliert von anderen Patienten unterbringen. Maria F.: "Als Mutter finde ich für das, was aus ihm geworden ist, keine passenden Worte. Er verliert langsam das Interesse am Leben."
Am 04.03.2016 stellte Maria F. Strafanzeige und Strafantrag gegen die verantwortlichen Psychiatrer bei der Staatsanwaltschaft Stralsund und fordert u.a. vom Landesprüfungsamt für Heilberufe in Rostock ein Verfahren zur Prüfung des Entzugs der Approbation der Betreffenden einzuleiten.
* Namen geändert.
Dr. med. Hannelore Kirstein, Neurologin und Psychiaterin aus Stade, sagt zur etablierten Psychiatrie:
„Es steht ja leider nicht das Befinden des Patienten im Vordergrund der Überlegungen. Das sagt ja eigentlich alles.“
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