München, den 10. 7. 1979

Nach dem Boykottaufruf der deutschen und schweizer "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte" (Sitz München und Zürich) an die nationalen Psychiatrieorganisationen, kam es jetzt bei dem in Salzburg vom 8. bis 13. Juli stattfindenden Weltkongress für "Psychische Hygiene bei Kindern und Familien" zu ersten Protestaktionen.

Mitglieder der "Österreichischen Gesellschaft zum Schutz vor Verstößen der Psychiatrie gegen Menschenrechte" (Wien) verteilten in Salzburg an nahezu alle Kongressdelegierten Flugzettel und Dokumentationen. Hier wurde auch auf die SS- und Nazivergangenheit von dem Kongressorganisator und ehemaligen, Mitglied der SS-Studiengemeinschaft für Medizin, dem Salzburger Psychiater Dr. Gerhart Harrer hingewiesen. Der Titel der 13-seitigen Dokumentation: "Psychische Hygiene, Rassen- und Erbbiologie der Zukunft?"

Als allerdings einige Menschenrechtsverfechter der als "öffentlich" deklarierten Veranstaltung beiwohnen wollten, kam es zum Eklat: Sie wurden von dem Grazer Psychiater. Aranibar, unter anderen mit dem Hinweis "es handle sich um ein privates Treffen", des Saales verwiesen. Wie ein Sprecher der Gesellschaft erklärte, "werden diese Protestaktionen nicht allein aufgrund der skandalösen Tatsachen durchgeführt, dass die Psychiatrie hier einen neuen Absatzmarkt für Psychodrogen erschließen will, sondern weil hier auch versucht wird, die psychiatrische Kontrolle auf das Gebiet der ganzen Familien- und Kindererziehung sowie in die Schulen, auszudehnen."

Beweise dafür gibt es freilich genug. So fanden Mitarbeiter der Patientenschutzvereinigung just beim Weltkongress heraus, dass die veranstaltende "World Federation for Mental Health" bereits eine Umfrageaktion gestartet hat, um allerlei Persönliches zu erfragen. Die "rassenkulturelle Umfrage über den Lebensstil von Kindern und Familien", so der Titel, soll die Ansatzpunkte der weltweiten Psychohygiene ans Tageslicht fördern. Auch intime Angaben nach dem Geschlechtsverhalten der Eltern und deren sexuelle Beziehungen werden von der Psychiatrieweltorganisation hinterfragt. Ebenso gehört die bundesdeutsche "Psychiatrie-Enquete" zu den Kongressunterlagen, die ganz im Zeichen des befürchteten psychiatrischen Imperialismus postuliert, dass jeder dritte Bürger in der Bundesrepublik Deutschland zumindest einmal in seinem Leben einer Behandlung bedarf. Kongressthemen, wie "Alternativen zur Familie, die Rolle der Großfamilie und der Gemeinschaft bei der Kindererziehung", "Psychotherapie der ganzen Familie" oder "Geistige Gesundheit und Schule" untermauern diesen gefährlichen Trend.

"Wir befürchten", so der Obmann der Gesellschaft, der Mediziner Dr. Thomas Kroiss, "dass sich hier ein psychiatrisches Holocaust wie im 3. Reich wiederholen könnte."

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.