Wem dient die "Aktion psychisch Kranke" wirklich?
München den 14.11.1978
Anlässlich der jetzt von der "Aktion Psychisch Kranke" durchgeführten Informationstagung im psychiatrischen Landeskrankenhaus Wunstorf und in der psychiatrischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover hat die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (Sitz München) scharfe Kritik an der "Aktion" geübt.
Die Kommission, die sich seit nunmehr 5 Jahren tatkräftig für die Rechte psychisch Kranker einsetzt und erfolgreich dazu beitragen konnte, dass auch im neuen Niedersächsischen Psychiatriegesetz diese Rechte berücksichtigt wurden, wirft der "Aktion Psychisch Kranke" vor, dass sie vorgibt, eine Interessenvertretung psychisch Kranker zu sein, aber in Wirklichkeit ganz andere Ziele verfolgt.
Die "Aktion Psychisch Kranke" besteht neben einigen Politikern ausschließlich aus Psychiatern, psychisch Kranke werden nicht als Mitglieder aufgenommen. Dazu eine ehemalige Patientin, der die Mitgliedschaft vom Vorstand mit der Begründung "die Vereinigung setzt sich ausschließlich aus Politikern und Psychiatern bzw. niedergelassenen Nervenärzten zusammen" verweigert wurde: "Mein Antrag auf Mitgliedschaft wurde abgelehnt, obwohl in der Satzung des Vereins § 4 steht: 'Mitglied kann jeder werden, der die Ziele des Vereins unterstützt.' Offenbar befürchtet man, dass meine praktischen Verbesserungsvorschläge, die obendrein wenig kosten, nicht in Einklang zu bringen sind mit den großartigen Plänen der Ärzte und dass durch ein Mitglied mit eigener Erfahrung auf dem Gebiet psychischer Krankheiten neue Gesichtspunkte auftauchen könnten".
Nach außen hin gibt sich die vornehmlich mit Steuergeldern - sie erhält 150 000 Mark jährlich - operierende "Aktion Psychisch Kranke" recht sozial. Sie macht sich für eine sektorielle Psychiatrie stark und meint ganz selbstverständlich "die moderne Behandlung erfolgt vor allem durch Medikamente". Auch wenn es die selbst in Fachkreisen äußerst umstrittene Elektroschockbehandlung zu verteidigen gilt, ist die "Aktion" hilfreich zur Stelle. In einem "Informationsbrief" wurden Kliniken, die von der "Heilung aus der Steckdose" Abstand nehmen, kurzerhand als "schlecht geführt und untherapeutisch" abqualifiziert.
Welche Gefahren hinter der "wissenschaftlichen Fassade" der "Aktion Psychisch Kranke" lauern, verdeutlicht die Feststellung des Lübecker Psychiatrieprofessors Gerd Huber in einer medizinischen Fachzeitschrift: "Bemerkenswerterweise trat die Schocktherapie in Ländern, wo die als fortschrittlich geltende sektorielle Versorgung die Regel ist, neben massiv dossierter Psychopharmakatherapie wieder stärker in den Vordergrund".
In einem aktuellen Faltblatt der "Aktion Psychisch Kranke" wird dann auch gleich das potenzielle psychiatrische "Krankengut" optisch dargestellt: nämlich jeder dritte Bundesbürger. Die Kommission sieht darin einen "radikalen Versuch der Pathologisierung der deutschen Bevölkerung und einen gefährlichen psychiatrischen Imperialismus, vor dem die Öffentlichkeit gewarnt werden muss".
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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.