"Drogendressur" von Schulkindern bleibt weiter im Dunkeln
Ausweichende Antworten auf besorgte Anfragen von Abgeordneten
München, den 3. 10. 1978
Aus dem "Zappelphilipp" ist das "hyperaktive" Kind geworden, der alte Rohrstock kann heute durch die Verordnung' von Drogen ersetzt werden. Zur Dämpfung der überaktiven Kinder werden Amphetaminpräparate verwendet, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. In einer detaillierten Sachvorlage zum Thema "Werden Schüler unter Drogen gesetzt, um Gehorsam zu erreichen?" hatte die von der Scientology Kirche unterstützte "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (Sitz München) auf die Gefahren dieser "Drogendressur" hingewiesen.
Welche erschreckenden Ausmaße die Drogenverordnung in anderen Ländern bereits angenommen hat, verdeutlichen folgende Zahlen: 1975 wurden in Kanada 11 Millionen Ritalin Tabletten (Amphetaminpräparat) an Kinder unter 12 Jahren verschrieben. Ein Sprecher des Pharmakakonzerns Ciba-Geigy gab zu, dass seine Firma allein 1970 in Amerika Ritalin Tabletten für 11 Millionen Dollar verkaufte und fast 50% davon zur Stimulierung von überaktiven Kindern abging.
Sachkundige Landtagsabgeordnete aller drei Parteien nahmen die Initiative der Kommission zum Anlass für besorgte Anfragen an die bayerische Staatsregierung, um zu erfahren, wie viele Schulkinder in Bayern Psychostimulantia verabreicht bekommen. Eine ähnliche Anfrage hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Marschall im Bundestag eingebracht.
Die jetzt vorliegende Antwort des bayerischen Kultusministers Professor Hans Maier brachte jedoch nicht den erhofften Aufschluss und geht in den wesentlichen Punkten an den Fragen der Landtagsabgeordneten vorbei: "Dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus liegen keine Mitteilungen von Schulen vor, die über die Behandlung von Schülern mit stimulierenden oder sedierenden Medikamenten berichten." Des weiteren wird auf eine "Befragung junger Menschen zwischen 12 und 24 Jahren" hingewiesen, die "keinerlei Anzeichen einer dramatischen Entwicklung des jugendlichen Arzneimittelkonsums ergab". Angesichts der Tatsache, dass die Drogen Schulkinder unter 12 Jahren verordnet bekommen, muss eine derartige "Auskunft" bedenklich stimmen.
Der Arzt und FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Fritz Flath teilte der Kommission bereits mit, dass er mit der Antwort "in keiner Weise zufrieden ist" und weitere Schritte unternehmen wird, um das Dunkel aufzuhellen. Die Notwendigkeit dafür unterstreichen genügend bedrohliche Fakten. So stand jüngst in der "Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie" ganz unverblümt: "Die Stimulantienbehandlung findet nun auch in Deutschland eine zunehmende Verbreitung. Die Zahl der Rezeptverschreibungen hat sich in einigen Regionen in den letzten Jahren verdoppelt." Erschreckend ist auch, dass 18% der Eltern durchaus bereit sind, ihren Kindern beruhigende oder angeblich konzentrationsfördernde Medikamente zu geben. Dieses Umfrageergebnis hat das Bundesgesundheitsamt in Köln im vergangenen Herbst veröffentlicht.
Der Bundestagsabgeordnete Marschall verlangte kürzlich in einer mündlichen Frage darüber Auskunft, "welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, dem steigenden Tablettenverbrauch zur 'Beruhigung' von Schulkindern Einhalt zu gebieten?" In der Antwort konnte sich der parlamentarische Staatssekretär Zander vom Bundesgesundheitsministerium immerhin zu dem Eingeständnis aufraffen, dass die übermäßige Verabreichung von Beruhigungsmitteln an Schulkinder als Missbrauch von Medikamenten angesehen werden muss", aber damit ist wohl den betroffenen Kindern wenig geholfen.
Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." arbeitet gegenwärtig an weiteren umfangreichen Recherchen, damit sich die Verantwortlichen nicht mit billigen Ausreden aus der Affäre ziehen können. Dabei kann sie mit der Unterstützung von zahlreichen Fachleuten rechnen, die im "Drogeneinsatz gegen Störenfriede" ebenfalls nicht das geeignete Mittel sehen, um Erziehungsprobleme zu lösen.
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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.