Wunstorf-Direktor Finzen wird Missachtung des neuen Psychiatriegesetzes vorgeworfen
München den 13. 11. 1978
Den massiven Vorwurf einer Missachtung des im Juli dieses Jahres in Kraft getretenen "Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen (PsychKG)" hat der Hannoveraner Bürger Hans S. gegen den Direktor des Landeskrankenhauses Wunstorf Professor Dr. Asmus Finzen erhoben.
Wie die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (Sitz München) dazu mitteilt, wurde die Frau von Hans S. Mitte Oktober nach Wunstorf eingeliefert, nachdem sie aus einem Pflegeheim weggelaufen war. Frau S. verbrachte in den vergangenen Jahren wiederholt lange Zeit in psychiatrischen Anstalten und wurde dabei mit Elektroschocks und hoch dosierten Psychopharmaka behandelt, ohne dass irgendeine Besserung ihres Zustandes eintrat. Im Gegenteil, die Neuroleptika bedeuteten für Frau S. eine enorme Tortur und deshalb hielt es Herr S. für besser, wenn seine Frau in Pflegeheimen untergebracht war, wo sie in ihrer Traumwelt aus Stofftieren leben konnte, ohne die quälende chemische Dämpfung.
Als sie nun wieder nach Wunstorf kam, wollte daher Herr. S. als Vormund seiner Frau von seinem im neuen PsychKG verankerten Recht gebrauch machen und eine hoch dosierte Neuroleptikabehandlung verhindern. Im Paragraf 26 des PsychKG heißt es dazu eindeutig: "Erfordert die Behandlung einen operativen Eingriff oder ist sie mit Gefahr für Leben und Gesundheit des Untergebrachten verbunden oder würde sie seine Persönlichkeit wesentlich oder auf Dauer nachhaltig verändern, so darf sie nur mit seiner Einwilligung und nur dann vorgenommen werden, wenn sie nicht außer Verhältnis zu dem zu erwarteten Erfolg steht" und ist der Untergebrachte entmündigt, "so ist auch die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters in den persönlichen Angelegenheiten erforderlich".
Herr S. bat somit Prof. Finzen in einem Gespräch seine Frau möglichst ohne Neuroleptika zu behandeln, wie es ein Jahr zuvor schon der Arzt Dr. B. auf derselben Station getan hatte, zudem dann Frau S. großes Vertrauen gewann. Als Herr S. jedoch kurze Zeit später bei einem Besuch feststellte, dass seine Frau dennoch mit der Schwerstdroge Haloperidol "vollgepumpt" worden war, beauftragte er seinen Rechtsanwalt nochmals auf Finzen einzuwirken. Dieser bestritt in seiner Antwort jegliche Fehlbehandlung und begründete sein Vorgehen damit, dass "die Behandlung von schizophrenen Erregungszuständen mit Medikamenten heute üblich ist". Weiter fügte er hinzu: "Ihre Berufung auf Dr. B. kann mich wenig überzeugen, da dieser u.a. wegen seiner inkompetenten Behandlung von Frau S. als Stationsarzt abgelöst worden ist."
Wie Frau S. die Pharmakabehandlung empfindet, bekunden ihre Aussagen "man hätte mich fast umgebracht" und "ich vertrage die Medikamente nicht", was sie bei der Anhörung dem zuständigen Amtsrichter zu Protokoll gab. Der Anwalt von Herrn S. schrieb deshalb noch einmal an Prof. Finzen und ließ ihn wissen, dass "bei der Auswahl einer in der Fachwelt umstrittenen Methode der Patient oder sein gesetzlicher Vertreter eine freie Entscheidungsbefugnis hat". Doch nun fuhr Prof. Finzen mit schweren Geschützen auf: "Wir alle sind davon überzeugt, dass Herr S. seiner Frau und seinem Mündel durch seine Haltung und sein Verhalten schweren gesundheitlichen Schaden zufügt. Meines Erachtens wird sein Verhalten in näherer Zukunft um Tode seiner Frau führen. Denn sie leidet außer an ihrer Psychose noch an einer schweren Hypertonie (Bluthochdruck), die regelmäßiger Behandlung bedarf. Diese Behandlung kann zuverlässig jedoch nur durchgeführt werden, wenn zugleich eine kunstgerechte Behandlung der psychiatrischen Erkrankung gewährleistet ist. Da das nicht geschieht, ist eine Kreislaufkomplikation in Form eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles vorauszusehen.
Herr S. ist beruflich selbst für einen Pharmakakonzern im Bereich Veterinärmedizin tätig und bekam von seiner Firma erst kürzlich in einem Zeugnis "überdurchschnittliche Kenntnisse sowohl im Veterinär- als auch im Humanbereich" bestätigt. Deshalb ist er über diese bösartige Beschuldigung Finzens erst recht empört: "Für mich ist das Gewissensnötigung. Finzen wälzt die Verantwortung ab, um im Falle eines tragischen Ausgangs dieser künstlichen Persönlichkeitszerstörung eine weiße Weste zu haben. Meine Frau soll nicht sinnlos gequält oder geschädigt werden." Die Kommission ist über diese Unverantwortlichkeit Finzens ebenso aufgebracht. Denn für die Autoren einschlägiger Fachliteratur steht es außer Zweifel, dass Neuroleptika oft Exitus und ferner unangenehme Nebenwirkungen auf den Kreislauf zur Folge haben. Im "Handbuch der Störungen durch Psychopharmaka" heißt es unter Haloperidol: Nebenwirkungen "auch schwere vegetative Reaktionen, wie Hypertonie". Die Kommission ist deshalb mit Herrn S. einer Meinung, der seine Frau wieder in einem Pflegeheim unterbringen will, damit sie nicht ein Opfer psychiatrischen Sarkasmus wird. Außerdem hat er sich an den gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Fritz Riege gewandt, der ihm bereits zugesagt hat, de die "Problematik aufzugreifen und den Vorgang zu prüfen".
Auch von anderer Seite wird an Prof. Finzen heftige Kritik geübt. So haben jüngst fünf Mitarbeiter der Wunstorfer Klinik in einem Beitrag für eine Zeitschrift unter dem Titel "Mitternacht in Wunstorf" dargestellt, dass das von Finzen nach außen hin propagierte sozialpsychiatrische System doch wieder auf die psychiatrische Kontrolle der Patienten durch Psychopharmaka hinausläuft. Wen wundert es da noch, wenn dann Prof. Finzen kritische Berichte in den Medien missfallen. Erst letztes Monat beklagte er auf einer Psychiatrietagung in Konstanz die "Ergebnisse, die er in einjähriger Medienbeobachtung gewonnen habe". "Finzen warf sich zum Verteidiger der Psychiatrie gegen jede Kritik auf", hieß es sogar in einem Tagungsbericht. Dennoch wurde ihm, Asmus Finzen, von der "Aktion Psychisch Kranke" - einer Vereinigung deren Name im hohen Maße irreführend ist, da sie in erster Linie aus Psychiatern besteht und tatsächlich psychiatrische Interessen vertritt - die Aufgabe erteilt, Journalisten und Politiker auf einer "Informationsfahrt" die notwendigen fachlichen Informationen über die "Gemeindenahe Psychiatrie im Raum Hannover" zu geben. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es künftig für thematisch Interessierte und Betroffene unerlässlich sein wird, im Interesse der Patienten nach so perfiden Verzerrungen wie im Fall des Herrn S. und seiner Frau Ausschau zu halten. Eine korrekte Information der Angehörigen und der Öffentlichkeit muss wahr gemacht werden.
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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.