Nach Gerichtsverfahren weitere Kritik an Haarer Nervenklinik
München, den 21. April 1977
Am Dienstag wurde vom Münchner Amtsgericht das Verfahren gegen den 23-jährigen Studenten Gottfried Langenstein, der im April 1976 mit der Preisgabe von skandalenthüllenden Fotos aus der Kinderstation der Haarer Nervenklinik für beträchtliche Aufregung innerhalb der psychiatrischen Reihen gesorgt hatte (die Münchner Zeitungen berichteten darüber), eingestellt.
In der Folge davon übersandte nun der Vorstand der Münchner "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." dem Ex-Zivildienstleistenden ein Anerkennungsschreiben, mit dem er den bemerkenswert mutigen Einsatz des jungen Mannes um das Wohl der psychisch kranken Kinder würdigte.
Vor Gericht hatte der vom Haarer Klinikchef Dr. Christof Schulz bei der Staatsanwaltschaft angezeigte Student, dem von Schulz auch "kriminelles Verhalten" unterstellt worden war, noch einmal Gelegenheit die genauen Ursachen für sein humanitäres Handeln zu erläutern. Er konnte nicht mit ansehen, dass behinderte Kinder "geschlagen und gefesselt", ja sogar "schlimmer als Tiere im Zoo" dran waren. Die Kommission gratuliert Gottfried Langenstein zu seinem "mutigen Eintreten für die Menschenrechte und für das Wohl der psychisch kranken Kinder".
Für die mit den Menschenrechten kollidierenden Zustände im Bezirkskrankenhaus macht die Kommission in erster Linie den Direktor, Dr. Schulz, verantwortlich, dem sogar schon aus der eigenen Ärzteschaft die Schuld am "denkbar schlechten Betriebsklima" angelastet wurde.
Die Kommission weist darauf hin, dass mit der Auflösung der Haarer Kinderstation als Resultat des Skandals leider noch nicht alle Missstände beseitigt sind. Sie arbeitet gerade an der Erstellung eines Berichtes, der auf weitere "eklatante Fälle von Menschenrechtsverletzungen" aufmerksam machen soll. Dieser Bericht soll in Kürze veröffentlicht werden.
_______________________________________________________
Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.