"Menschenrechte Aktuell"

Kommission stellt ihre neue Mitteilung vor

 

München, den 30. 11. 1977

 

Um dem enormen Informationsbedürfnis auf ihrem Arbeitsbereich Rechnung zu tragen, hat sich die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (München) entschlossen, eine monatliche Mitteilung namens "Menschenrechte Aktuell" herauszubringen. Die Kommission - die sich schon seit Jahren unnachgiebig für die Rechte psychisch Kranker einsetzt - stellte jetzt die erste Ausgabe von "Menschenrechte Aktuell" vor.

 

Sie wird im Dezember erscheinen und weist vornehmlich auf erhebliche Einschränkungen grundgesetzlich garantierter Persönlichkeitsrechte hin, denen psychisch Kranke durch Zwangsmaßnahmen in psychiatrischen Einrichtungen vielfach unterworfen sind.

 

Wie weit das führen kann, wird am Beispiel einer Frau demonstriert, die bei der Kommission Hilfe suchte. Ein Medizinaldirektor hatte bei der völlig unbescholtenen Frau eine "chronisch paranoide Psychose" (chronisch = langsam verlaufend) diagnostiziert, obwohl er sie nie zuvor gesehen hatte. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Frau ein halbes Jahr unter skandalösen Bedingungen - ihr wurde monatelang nicht gestattet Bekannte über ihren Verbleib zu unterrichten oder ihre Miete zu bezahlen - im Nervenkrankenhaus verbringen musste. Zudem wurde für sie statt der versprochenen Entlassung eine lebenslange Verwahrung beantragt, der sie sich praktisch nur durch ein unerlaubtes Verlassen der Klinik entziehen konnte. Durch ein massives Eingreifen der Kommission und durch die Unterstützung verschiedener Medien wird die Angelegenheit mittlerweile vom bayerischen Justizministerium überprüft.

 

Mit Entrüstung berichtet die Kommission in "Menschenrechte Aktuell" über einen denkwürdigen Vorgang, der unweigerlich die österreichische Psychiatrie in einem schlechten Licht erscheinen lassen muss: Ein ehemaliger Psychiatriepatient aus Vorarlberg wollte von dem Dornbirner Medizinalrat Dr. Engelbert Radmayr wissen, an welche Stelle er sich mit einer Beschwerde wenden kann. Der Psychiater ließ sein Antwortschreiben, in dem er den Fragesteller zunächst aufklärte, dass eine Beschwerdeeinrichtung gar nicht notwendig ist, mit folgendem gefährlichen Schlusssatz ausklingen: "Da es sich bei solchen Fällen meistens um Geisteskranke oder Querulanten handelt, wird vor Behandlung eines solchen Falles eine gerichtliche Psychiatrisierung des Antragstellers durchgeführt." Mit anderen Worten: "Wer klagt, wird psychiatrisiert"!

 

Neben Bundestags- und Landtagsabgeordneten, die damit aus erster Hand über die Bedürfnisse psychisch Kranker informiert werden und bei denen die monatliche Mitteilung eine Lobbyfunktion erfüllen soll, will die Kommission "Menschenrechte Aktuell" grundsätzlich jedem Interessierten zugänglich machen. Die Mitteilung kann kostenlos (gegen Einsendung von 0,50.-DM Porto) unter folgender Anschrift angefordert werden: Lindwurmstr. 29, 8000 München 2.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.