Gehirneingriffe: Vorschlag um Streitigkeiten beizulegen
München, den 23. 11. 1976
Um einer "Renaissance der Psychochirurgie" in der Bundesrepublik entgegenzuwirken, hat jetzt die in München ansässige "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." einen erneuten Vorstoß unternommen.
Sie trat mit einem ausführlichen Bericht an alle namhaften Wissenschaftler, Ärzte, Therapeuten, Publizisten und Menschenrechtsvertretungen heran, die in jüngster Zeit öffentliche Kritik an Gehirnoperationen geübt hatten. In dem Bericht werden diese Persönlichkeiten, darunter Egmont Koch ("Chirurgie der Seele") und Prof. Dr. Dr. Adolf-Ernst Meyer (Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung), aufgefordert eine Resolution zu unterstützen, die an die Justizminister der Länder und des Bundes weitergeleitet werden soll und folgende Hauptpunkte enthält:
- Psychochirurgische Gehirneingriffe sollen in der Bundesrepublik vorläufig eingestellt werden.
- Ein unabhängiges Ärztegremium soll die bisher operierten Personen untersuchen, soweit dies noch möglich ist, um festzustellen, inwieweit man die bisher Operierten tatsächlich als Erfolge werten kann.
- Bis zur restlosen Aufklärung sollten keine Steuergelder für den Ausbau der Psychochirurgie und für diesbezügliche Forschungs- zwecke verwendet werden.
- Sollte sich bei der Untersuchung herausstellen, dass sich die psychochirurgischen Eingriffe größtenteils zum Nachteil der Operierten ausgewirkt haben, soll ein gesetzliches Verbot für derartige Operationen erlassen werden.
Diese Schritte sollen nach Meinung der Kommission sicherstellen, dass mit psychochirurgischen Hirneingriffen nicht ein irreparabler Schaden entsteht, der - bedingt durch den bekannten "Drehtüreffekt" - nicht schon nach kurzer Zeit einen neuerlichen Aufwand von Steuermitteln zur Folge hat.
Nachdem psychochirurgische Gehirneingriffe international schon seit Jahren auf breite Ablehnung stießen und in Japan, Amerika und Kanada bereits ein Verbot diskutiert wurde, strich heuer in England das "Medical Research Council" eine beabsichtigte 50.000- Pfund-Subvention für psychochirurgische Experimente.
Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt entwickelten die deutschen Psychochirurgen in den letzten Jahren eine wahre Hochkonjunktur. So wurde bekannt, dass vom Freiburger Operationsteam schon über 5000 und von den Göttinger Operateuren über 1400 Eingriffe vorgenommen wurden. Die Kommission sieht darin eine potenzielle Gefahr, über die mehr informiert werden muss.
- Elektroschock und operative Gehirneingriffe
- Verbot gegen Anpassungschirurgie beantragt
- Psychochirurgen - 50% Misserfolge bei Süchtigen
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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.