Verbot gegen Anpassungschirurgie beantragt

 

München, den 1. 10. 1976

 

Heftige Kritik am Ausbrennen der Suchtzentren bei Alkohol- und Drogensüchtigen

 
In einer Stellungnahme an die Justizminister der Länder und des Bundes fordert die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. ein gesetzliches Verbot aller psychochirurgischen Gehirneingriffe an Strafgefangenen und untergebrachten psychiatrischen Patienten. Derlei Eingriffe mit der Hirnsonde zur Korrektur von abweichenden sozialen und psychischen Verhalten nehmen in Deutschland besorgniserregende Ausmaße an, ohne dass hierfür bisher gesetzliche Regelungen geschaffen wurden.

 

 

So könne man bei Strafgefangenen und untergebrachten psychisch Kranken nicht von einer freiwilligen Unterziehung solcher operativen Eingriffe zur Auslöschung unerwünschter Persönlichkeitszüge sprechen, wenn die Betroffenen nur die Wahl zwischen jahrelanger Haft und Sicherheitsverwahrung oder einer Operation mit ungewissen Folgen haben, von der man erwarten dürfe, dass sie ein Passagierschein in die Freiheit sei.

 

Während in Amerika nach einem offiziell erstellten Bericht die Zahl der Psychooperationen nach einer Welle des öffentlichen Protestes und massiver Gerichtsurteile, die in einzelnen Staaten die psychochirurgischen Eingriffe gesetzlich beschränkten, auf 375 im letzten Jahr zurückgingen, erlebt Deutschland zurzeit eine Hochkonjunktur der Mikroeingriffe im Gehirn.

 

Nach Aussagen eines Sprechers liegen der Kommission Beweise vor, wonach allein in Freiburg über 5000 stereotaktische Operationen bei allen Indikationen insgesamt durchgeführt worden sind. Obwohl auf die Freiwilligkeit der Operierten verwiesen wird, bestätigt man dennoch auch die Ausnahme bei nicht geschäftsfähigen Aggressiven, Imbezilen und sogenannten Idioten. Sie werden auch gegen ihr Einverständnis operiert.

 

Die Kommission will hier ein umgehendes Verbot gegen die institutionelle Anpassungschirurgie erwirken. Denn wie sie fürchtet, kommt es hier zum Einsatz einer Operationsmethode, die zwischen 3000 und 5000 DM kosten soll, aus rein kostensparenden Gründen im Interesse des Staates und der Institutionen. Dadurch würden aufwendigere Therapie-Verfahren, die nicht die Persönlichkeitsstruktur durch Ausbrennen von Gehirnzellen gewaltsam verändern, gar nicht mehr zum Einsatz kommen. Dies widerspreche jedem ethischem und medizinischem Auftrag.

 

Über Hunderttausende von Alkohol- und Drogensüchtigen sind heute schon durch die totale Gleichschaltung ihrer Charaktere bedroht. Denn auch hier wird inzwischen durch Ausbrennen der Suchtzentren operiert statt therapiert. Fließende Übergänge zur späteren Psychochirurgie an Nikotinsüchtigen, an Nägelkauern und Daumenlutschern sind hiermit bereits geschaffen.

 

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass in Deutschland entgegen allen bisherigen Vermutungen, die Dunkelziffer der gehirnoperativen Eingriffe wahrscheinlich bei 20 000 liegt, wenn man davon ausgeht, dass an sechs verschiedenen Universitätskliniken Operationsteams tätig sind und von den Freiburger Gehirnchirurgen allein 5000 durchgeführt wurden. In Zukunft will man den chirurgischen Griff ins Gehirn nur noch an Personen zulassen, die im Besitze ihrer vollen Freiheitsrechte sind.

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.